Georgine Gerhard kümmerte sich nun um Plätze in Schweizer Gastfamilien. Dazu waren aufreibende Verhandlungen mit den kantonalen Behörden notwendig, erteilten diese doch die Bewilligung für den Aufenthalt von Emigrantinnen und Emigranten. Nicht alle Kantone zeigten sich kooperativ; einige lehnten die Einreise der Kinder ab, andere verlangten hohe Kautionen.
Am 5. Januar 1939 kamen 100 Kinder aus Frankfurt in die Schweiz. Das erlaubte Kontingent von 300 wurde ergänzt mit weiteren bedrohten Kindern aus dem an die Schweiz angrenzenden Gebiet und den noch in Deutschland befindlichen Kindern von Eltern, die bereits in die Schweiz geflüchtet waren. Nun machten die ehemals grosszügigen Behörden plötzlich einen Rückzieher, indem sie einige Gesuche ablehnten oder deren Bearbeitung verzögerten. In zahlreichen Fällen kam es deswegen zu illegalen Einreisen, weil die Gefährdeten nicht mehr länger auf eine Bewilligung warten konnten, um ihr Leben zu retten. Georgine Gerhard empörte sich und wollte das Fehlverhalten der Schweizer Behörden in der Presse anprangern. Die Leiterin des SHEK in Zürich riet jedoch zur Mässigung, was sich in diesem Fall als erfolgreich erwies: Die 300 Kinder konnten einreisen. In einem Punkt aber konnte sich das SHEK nicht durchsetzen: Die Alterslimite der aufgenommenen Kinder war von 17 auf 14 Jahre heruntergesetzt worden. Auch hier wollte sich Georgine Gerhard zunächst wehren. «Ich glaube, dagegen sollten wir uns energisch wehren. Gerade die 15-16 jährigen Knaben sind die gefährdetsten. Sie werden in Lager gesteckt, und niemand weiss, ob sie wieder lebend herauskommen.» Leider sollten sich diese Befürchtungen bewahrheiten.