Claudius Sieber-Lehmann: "Ich bin Claudius Sieber-Lehmann; zusammen mit Peter-Andrew Schwarz bin ich für Band 2 verantwortlich. Dass ich alleine hier sitze, ist grundsätzlich falsch. Denn Band 2 entsteht im Team, gemeinsam mit Christoph Matt, Marco Bernasconi, Sven Billo, Sophie Hüglin, Jean-Claude Rebetez und vielen anderen Kolleg*innen von Institutionen in Strasbourg und Freiburg im Breisgau.
Unser Band behandelt das Hochmittelalter bzw. den Zeitraum von 800-1270. Hört man das Wort "Mittelalter", denkt man an eine finstere Zeit. An eine Zeit, in der die Leute nur noch beten und früh mit den Hühnern ins Bett gehen. Alles bleibt gleich, alles ist langweilig – und das stimmt schlichtweg nicht. Gerade die Epoche von 800-1270 ist geprägt von grossen Veränderungen. Die grossen Völkerwanderungen der Spätantike klingen ab, das Klima wird besser, die Bevölkerung wächst und wird von grossen Seuchen verschont. Erstmals seit dem Abzug der Römer entsteht in unserer Region wieder eine städtische Kultur.
Vom Hochmittelalter ist schriftlich relativ wenig überliefert, was archäologischen Quellen eine besondere Bedeutung gibt. Entsprechend arbeiten in unserem Team auch mehrere Archäolog*innen mit. Zusammen behandeln wir einen geografisch weiten Radius, denn das für Basel relevante Gebiet reichte damals weit über die heutigen Kantonsgrenzen hinaus. In Band 2 geht es um das Bistum Basel, und dieses umfasste das Elsass, den Jura, Teile des Kantons Basel-Landschaft und Teile des Hochrheins. Die Herren der Stadt waren die Basler Bischöfe und diese waren vernetzt mit der ganzen damals bekannten Welt. Sie reisten beispielsweise nach Aachen, nach Konstantinopel, nach Rom oder in den Norden. Ihre Stadt war eine Art Drehscheibe zwischen der Burgunderpforte, dem Bodensee und dem Elsass.
Das bedeutet aber nicht, dass diese Bischöfe nur als Touristen in der Welt herumreisten. Sie waren in Basel zuhause und auf Erfolg und Blüte ihrer Stadt bedacht. Besonders muss man in diesem Zusammenhang Burkhard von Fenis erwähnen, der um 1100 die erste Stadtmauer erbauen liess. Die Burkhardsche Stadtmauer wurde erst vor rund fünfzig Jahren entdeckt und gilt als archäologische Sensation. Der Bau einer Stadtmauer war damals unvorstellbar aufwändig. Christoph Matt hat ausgerechnet, dass man allein für 1700 Meter Stadtmauer heute 85 Fahrten mit einem 40-Tonner-Lastwagen brauchen würde.
Die Burkhardsche Stadtmauer ist eine entsprechend grosse Leistung der damaligen Bevölkerung. Sie ist aber auch ein sichtbares Symbol für das Basler Hochmittelalter: Für eine Zeit, in der sich vieles verändert, in der Aufbruchsstimmung herrscht, und man sich sagt: Wir packen es an!"