In den 1930er und 1940er Jahren haben es Frauenanliegen schwer. Der aufkommende Faschismus reaktiviert konservative Leitbilder. Die Frauenstimmrechtsvereine geben sich häuslich. Sie bemühen sich, keinen Anstoss zu erregen und schlagen aus dem "spezifisch weiblichen Wesen" Kapital. Das gilt auch für Vischer-Alioth. Sie teilt die dualistische Auffassung der Geschlechterrollen, wonach Männer und Frauen "von Natur aus" gegensätzliche Charaktereigenschaften hätten.
So fragt sie in ihrem 1946 erschienenen Aufsatz Was ist Politik?: "Können nicht die Frauen gerade wieder auf Grund ihrer ureigenen Fähigkeit zum Ausgleich Wege finden, um eine bessere Parteipolitik heranzubilden? Es gibt Beispiele aus ausländischen Staaten, wo Frauen in Parlamenten versöhnend und friedenschaffend wirkten, wo sie ausbrechende Kämpfe durch begütigendes und beruhigendes Dazwischentreten abebben lassen konnten."
Die Anforderungen an die Pionierinnen der Frauenstimmrechtsbewegung sind immens: Sie sollen beharrlich für ihre politischen Rechte kämpfen, aber ja nicht energisch werden oder Forderungen stellen. Und – die Hauptsache – sie sollen keine Enttäuschung zeigen, wenn sich auch nach Jahrzehnten der Arbeit kaum Fortschritte erkennen lassen.