Die Grabinschrift der Nundina ist hingegen wesentlich knapper gehalten: Festgehalten wurde lediglich, dass der Grabstein – wie in der Römerzeit üblich – zu Ehren der Totengeister (dis manibus) aufgestellt wurde. Wer den Grabstein aufstellen liess, welche Rolle Nundina zu ihren Lebzeiten gespielt hat, und wie alt sie wurde, geht aus der Grabinschrift nicht hervor.
Wesentlich aufschlussreicher als die Inschrift ist der Grabstein selber. In der Giebelzone findet sich nämlich eine Büste der verstorbenen Nundina. Diese ist aber – wohl im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Wiederverwendung des Grabsteins als Baumaterial – bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Vom Gesicht sind allenfalls noch zwei Haarsträhnen an der linken Kopfseite erkennbar. Etwas besser erhalten sind Schultern und Achseln. Sie zeigen, dass Nundina nicht nur eine Tunika, sondern offensichtlich auch einen Mantel (palla) trug. Die palla, das weibliche Gegenstück zum pallium, dem Männer-Mantel, trugen die Römerinnen in der Öffentlichkeit über den anderen Kleidern.
Einfasst wird die Büste mit dem Portrait der Nundina von einer halbrunden Nische, einer sogenannten Konche. Es dürfte sich um die stilisierte Darstellung einer Herzmuschel (cardium) handeln, deren Rippen in den Sandstein eingekerbt worden sind. Die muschelförmige Ausgestaltung der Nische erfolgte wohl kaum zufällig: In Form von Herzmuscheln ausgestaltete Konchen finden sich auf römischen Grabsteinen immer wieder, sind hierzulande aber selten. Deswegen darf man vermuten, dass Nundina wohl einer sozial besser gestellten Bevölkerungsschicht angehörte. Die Ausgestaltung der Giebelpartie liefert auch einen Hinweis auf die Datierung. Nundina dürfte im späteren 1. Jh. n. Chr. verstorben sein, also zu einer Zeit, in der sich der "roman way of life" in unserer Gegend bereits durchgesetzt hatte.